Digitalisierung – aus modern wird zukunftsfähig

Erst holistische Ansätze machen das Potenzial der digitalen Transformation deutlich – und vor allem nutzbar

Die Bau- und Immobilienbranche leistet einen enormen Beitrag zur industriellen Wertschöpfung. Der Innovationsdruck ist enorm – aus ökonomischen und ökologischen Gründen. In der Frage der Digitalisierung zeigen sich aber auch die Grenzen der Branche: Viele Immobilien bleiben unter ihren Möglichkeiten.

Die Potenziale der Digitalisierung für eine Immobilie zeigen sich erst im Rahmen einer holistischen Betrachtung entlang des Lifecycles. Sie liegen in den Wertschöpfungsprozessen rund um Bau und Betrieb der Immobilie genauso wie in der technisch-funktionalen Ausstattung des Objekts. Aber ist die Bau- und Immobilienbranche auch wirklich zu einem systemischen Digitalisierungsansatz fähig? Einige Spotlights sollen darüber Aufschluss geben.

Die Errichtung einer Immobilie erfolgt heute zunehmend nach BIM-Standard (Building Information Modeling). Durch Normen festgelegt, staatlich getrieben und von zunehmend mehr Bauherren gefordert, hat sich das „modellbasierte“ Planen und Bauen mittlerweile als Branchentrend etabliert. Aber von einer ausreichenden Durchdringung kann nicht die Rede sein. Der größte Teil der Bauwertschöpfung (156 Mrd. € in 2020 lt. Bauindustrieverband) wird in traditioneller Art und Weise umgesetzt. Warum ist das so? Drei Gründe stechen heraus:

  • Die Bauherren fordern nur in Ausnahmefällen eine Planung und Errichtung nach BIM. Die Vorteile eines digitalisierten Projektablaufs moderner Prägung ergeben sich heute nur für größere Bauvorhaben und/oder Bauherren mit kontinuierlicher Investitionstätigkeit und einer regelmäßigen Projektpipeline.
  • Die Wertschöpfungskette ist über den Lifecycle des Objektes mehrfach unterbrochen. Hierdurch ergeben sich für die Branchenteilnehmer je Lifecyclephase nur eingeschränkte Vorteile durch die Digitalisierung, die lediglich „Partialoptimierungen“ versprechen. Das Planerteam erarbeitet in der Designphase das Objektmodell nach BIM-Konventionen, die für das Leistungssoll der Planung relevant sind. Sind diese aber auch später für den Betrieb der Immobilie durch den Bauherrn relevant?
  • Die Wertschöpfung in Planung und Errichtung wird zu einem großen Teil (mehr als 80 Prozent) von Unternehmen erbracht, die jeweils weniger als zehn Mitarbeiter haben. Die Digitalisierung des Bauens stellt für kleine Ingenieur- und Architekturbüros – und damit die Mehrzahl der Branchenteilnehmer – eine Herkulesaufgabe dar.

Die Digitalisierung der Immobilie wird branchenüblich der Gebäudeautomation zugeschrieben – einem Gewerk, dem in Planungsphase und Bauablauf regelmäßig eine Nebenrolle zugeschrieben wird. Die Relevanz einer bestmöglichen Gebäudedigitalisierung für Komfort, Funktionalität der technischen Anlagen, Betriebs- und Versorgungssicherheit sowie Nachhaltigkeit werden unterschätzt, die Potenziale nicht gehoben.

Die Weichen für die spätere Gebäudedigitalisierung werden in der Planungsphase gestellt und obliegen dem TGA-Planer. Dies erfordert:

  • Digitalisierungskompetenz zur Konzeption und planerischen Umsetzung der Digitalisierungslösung für das Objekt
  • Querschnittskompetenz über alle technischen Fachgewerke, um eine optimale Systemsteuerung und Systemintegration aller technischen Anlagen und Systeme zu gewährleisten

Diese beiden Voraussetzungen werden kaum erfüllt, nur die wenigsten der ca. 8.500 Planungsbüros in Deutschland können „smarte“ Lösungen entwickeln!

Die „sektorübergreifende“ Gestaltungskompetenz ist der Schlüsselfaktor für eine smarte Lösung!

Und muss die „Digitalisierung der Immobilie“ nicht weitergedacht werden? Sicherlich ist eine gut konzipierte Gebäudeautomation einschließlich einer für die Betriebsführung geeigneten Managementebene das Kernstück und ein Muss. Eine smarte Immobilie sollte aber über weitreichendere Fähigkeiten verfügen:

  • Moderne Immobilien sollten zwingend mit einem digitalen Managementsystem für alle relevanten Betriebs- und Serviceprozesse ausgestattet sein. Den simplen Grund liefert eine branchenübliche Faustformel: Nach zehn Jahren entsprechen die kumulierten Servicekosten der Höhe der Investition.
  • Moderne Immobilien sollten zwingend mit einem digitalen Energiemanagementsystem für alle relevanten energetischen Prozesse ausgestattet sein. Denn der Immobiliensektor trägt mit einem Anteil von 40 Prozent erheblich zur deutschen Energie- und somit auch Klimabilanz bei.
  • Moderne Immobilien sollten nach der Errichtung und während der Nutzungszeit als digitaler Zwilling gemäß BIM-Standard verfügbar sein. Nur so lassen sich Nutzungsänderungen, Umbauten, Sanierungen und auch sicherheitsrelevante Maßnahmen optimal planen und umsetzen.
  • Moderne Immobilien sollten ihren Nutzern modernste Funktionen der digitalen Welt anbieten – andernfalls verlieren sie an Attraktivität. Somit ergeben sich erhebliche Ansprüche an die Wandlungs- und Innovationsfähigkeit der Immobilie, die von „smarten“ Nutzern gefordert werden. Die Orientierung an der IT-Branche und deren Innovationsgeschwindigkeit ergibt sich zwangsläufig.

Aber jede Digitalisierungschance muss natürlich in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Aufwand stehen. Entlang des Lifecycles erfordert das Bewertungsansätze und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, die in der Immobilienbranche eher unüblich sind. Die Bewertung der Aufwendungen und Effekte (ökonomisch, ökologisch und qualitativ) kann beispielsweise in einem TCO-Ansatz (Total Cost of Ownership) ermittelt werden. Auch hier ist die Bau- und Immobilienbranche gefordert, wenn moderne und zukunftsfähige Immobilien für den Bauherrn errichtet werden sollen.

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